Archäologischer Sensationsfund in Nörten-Hardenberg

Vermutet, gesucht, entdeckt – und doch überrascht. Bei Grabungen entdecken Archäologen in Nörten-Hardenberg 2014 eine fast vollständige Krypta, die von ihrer Größe her durchaus ein Dom gewesen sein kann. „Das ist ein wirklich sensationeller Fund“, sagt Dr. Stefan Amt, Baudenkmalpfleger des Bistums Hildesheim.

Die Vermutung hatte Amt schon länger: Zwischen Stiftplatz und der Kirche St. Martin in Nörten-Hardenberg liegt unter der Erde ein Gotteshaus. Darauf deuteten zahlreiche Quellen. Doch was jetzt bei Grabungsarbeiten gefunden wurde, war auch für Amt mehr als überraschend.

Entdeckt wurde wenige Zentimeter unter der Grasnarbe eine fast vollständige Krypta, die wohl Ende des 12. oder Anfang des 13. Jahrhunderts errichtet wurde. „Allerdings ist weniger die Bauzeit, sondern die Bauart dieser Unterkirche entscheidend“, betont Amt.

Ost- und Südwand der Krypta konnten freigelegt werden, ebenso der Westabschluss. Die Nordwand liegt zum Teil unter der Kirche St. Martin: „Da können wir nicht graben, ohne die Kirche zu gefährden“, sagt Amt.

Baudenkmalpfleger Dr. Stefan Amt zeigt auf ein romanisches Kapitell, das zu einer Krypta gehört, die Ende des 12. oder Anfang des 13. Jahrhunderts errichtet wurde.

Die freigelegten Mauern der 900 Jahre alten Krypta im Erdreich neben der Kirche St. Martin müssen wieder verfüllt werden.

Dimensionen, die eines Domes würdig sind

So lässt sich nur eine ungefähre Größe ermitteln: Sieben Meter breit und gut 25 Metern lang dürfte sie sein: „Das sind Dimensionen, die eines Domes würdig sind“, vergleicht der Baudenkmalpfleger.

Mehrere Basen, die Grundsteine von Pilastern (Pfeilern), wurden gefunden. Zudem einer dieser Pfeiler komplett mit Säule und romanischem Kapitell, dem quadratischen Kopfabschluss: „Das ist schon ein ganz besonderer Fund“.

Aber auch an anderer Stelle wurde Unerwartetes entdeckt: Gips- und Farbreste ebenso wie Gewölbeanfänge. „Wir können diese Unterkirche, wenn wir weiter forschen, ziemlich genau rekonstruieren“, erläutert Amt. So ergibt sich das Bild einer Krypta, die von zehn oder sogar zwölf Stützen getragen wurde: „Selbst namhafte Experten haben uns versichert, dass ein solcher Fund bisher nicht dokumentiert wurde.“ Insofern wurde schon etwas Sensationelles aus der Nörtener Erde gegraben.

Im Dreißigjährigen Krieg verschüttet

Dass die Krypta so gut erhalten ist, führt Amt auf zwei Umstände zurück. Zum einem wurden beim Bau hochwertige Materialien verwendet: „Zum Bauzeitpunkt lag Nörten an der Grenze des Erzbistums Mainz.“ Die Vermutung liegt nahe, dass die einstmalige Stiftskirche ein politisch-repräsentativer Bau war.

Zum anderen lassen Fundstücke auch Hinweise über das Ende der Krypta zu. Bekannt war, dass Nörten im Dreißigjährigen Krieg 1626 durch Truppen des braunschweigischen Herzogs Christian fast komplett eingeäschert wurde. Auch die Stiftskirche wurde stark beschädigt und von 1636 bis 1651 wieder aufgebaut: „Wir vermuten, dass die Krypta beim Sturm auf Nörten verschüttet wurde und nicht mehr zu retten war.“

Belege für diese These sieht Amt in einem ebenfalls gefundenen zerbrochenen Altar. „Die Reliquien wurden entfernt.“ Zudem lassen sich im entdeckten Abraum der Wiederaufbauarbeiten zeitgenössische Münzen und Ähnliches finden.

Warum ist die mit großem Aufwand frei gelegte Grube mit der Krypta einige Wochen später dann wieder verfüllt worden? „Nur so konnten wir die Fundstätte sichern“, erläutert Landesarchäologe Henning Haßmann. Nässe und Frost hätten die Mauern sonst beschädigt. Jetzt wissen die Forscher allerdings, welcher Schatz sich unter der Erde verbirgt. Ob er irgendwann einmal erneut geborgen und für die Nachwelt erhalten wird, ist jetzt eine Frage des Geldes.

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Nörten-Hardenberg