Ein Blick hinter das Geheimnis

Ulrich Euent hat diesen Zuspruch nicht erwartet: Seine Bücher über die Loxstedter Kirche St. Johannes sind sehr gefragt.

 

 

Wofür ist das kleine Becken mit Wasser am Eingang der Kirche? Was ist das für ein Schränkchen hinter dem Altar? Und wie groß ist eigentlich die Orgel? Kinder haben viele Fragen,  wenn sie mit ihren Eltern oder Großeltern in den Gottesdienst gehen. Diese Erfahrung hat auch Dr. Ulrich Euent gemacht, als er Enkel Lennard mitnahm, um Lieder für den Sonntagsgottesdienst an der Orgel einzuspielen. Der Kleine war beeindruckt von der Kirche und hatte entsprechend viele Fragen, die ihm sein Opa – seit 45 Jahren Organist in der Johanneskirche – gewissenhaft beantwortete. „Hinterher hat er zu meiner Frau gesagt, Gott hat eine ganz schön coole Wohnung, nur leider war er nicht zu Hause“, erinnert sich Euent mit einem Schmunzeln.

Angeregt durch die Wissbegierde seines heute sechsjährigen Enkels begann der Loxstedter an einem Kirchenführer für Kinder zu arbeiten. Hauptperson des Buches ist Lennard, der die Besucher Schritt für Schritt durch die Kirche führt – bebildert mit zahlreichen Fotos. Mithilfe seiner Tochter, einer Logopädin, und seines Sohnes, einem Grundschullehrer, setzte Ulrich Euent die Idee in kindgerechter Sprache und Aufmachung in die Tat um.

Schwer gefallen ist es ihm nicht, denn der Kinderkirchenführer ist nicht sein erstes Buch. Angefangen hatte es mit einem Werk der Ökumene. So war in einem Nachlass ein Heft in Sütterlin über alle Pastoren der evangelischen Gemeinde gefunden worden. Euent übersetzte die handschriftlichen Notizen und verteilte sie regelmäßig an Interessierte. Auch die Chronik der ersten 40 Jahre der St.-Johannes-Kirche hat der 61-Jährige erarbeitet. 

An die Veröffentlichung seiner Unterlagen als Bücher dachte der Loxstedter zunächst nicht. „Aber weil meine Texte waren gefragt – und ständig musste ich neue Patronen für den Drucker kaufen.“ 2011 erschienen schließlich alle Bücher im Cardamina-Verlag, der nach dem „Print on Demand“-Prinzip arbeitet. Gedruckt wird dabei ohne bestimmte Startauflage, nur auf Bestellung. So bleiben die Kosten überschaubar – wer Interesse hat, kann die Bücher mithilfe der ISBN-Nummer in jeder Buchhandlung bestellen.

Für den Zahnarzt, dessen Praxis und Wohnhaus nur wenige Steinwürfe von der Kirche entfernt liegen, ist das Schreiben ein Hobby. „Es ist prima zur Entspannung“, sagt er. Am liebsten schreibt er abends mit seinem Laptop am Wohnzimmertisch. „Das kann auch schon mal abends um elf Uhr sein, wenn ich gerade in Fahrt bin“, sagt er. Dann wiederum kommt es vor, dass er mehrere Wochen nicht an einem Buch arbeitet.

Sein bislang aufwendigstes Buch ist ein Kirchenführer für Erwachsene. Orientiert hat sich Euent dabei an einer mystagogischen (hinter die Geheimnisse schauenden) Kirchenführung, die damals in der Bremerhavener St. Marien-Gemeinde stattfand. Zeitgleich gab es eine Ausstellung unter dem Motto „ So geht katholisch“. Beides hat Euent inspiriert, auch Menschen, die der Kirche vielleicht nicht so nah stehen, die Symbole und Bilder des Gotteshauses seiner Gemeinde  zu erklären. Ein gutes Vierteljahr hat der Zahnarzt daran gearbeitet, und auf das gut 70 Seiten umfassende Ergebnis ist er besonders stolz. Spätestens danach kannte er alle Ecken der Johanneskirche, durch die er ebenso wie durch die evangelische Marienkirche regelmäßig Besuchergruppen führt.

Ausgegangen sind dem Zahnarzt die Ideen für weitere Bücher noch lange nicht. Derzeit arbeitet er gleich an zwei Werken. Eines befasst sich mit den sechs Kirchen der politischen Gemeinde Loxstedt und ein zweites soll die Kapellen und Kirchen des Dekanats Bremerhaven vorstellen. Allerdings, so betont Ulrich Euent, wird es bis zur Veröffentlichung noch etwas dauern, denn die Recherche ist aufwendig.

Einen guten Teil seiner freien Zeit möchte der Zahnarzt auch weiterhin mit seinem Enkel verbringen. Der geht übrigens nach wie vor gerne mit seinen Großeltern in die St.-Johannes-Kirche. Allerdings hat Lennard ihr einen eigenen Namen verpasst: Er nennt sie schlichtweg „Opas Kirche“.