Godefroid Ndikumana stammt aus Burundi in Ostafrika. Dort gehörte der 32-Jährige zur Minderheit der Tutsi. Aus Angst um sein Leben ist er geflohen und lebt nun als Asylbewerber in Algermissen. Er ist Christ. Eine Überraschung gab es bei den Wahlen zum Pfarrgemeinderat: Viele gaben ihm ihre Stimme.
„Meinen Namen kann man nur schwer aussprechen. Nennt mich einfach Gottfried“, sagt der Afrikaner und lächelt. Doch viel zu lachen hat er eigentlich nicht. Erst seit zwei Jahren ist Gottfried in Deutschland, kam über Tansania und Griechenland nach Frankfurt am Main.
In Burundi hatte der gelernte Kraftfahrzeugmechaniker eine eigene kleine KFZ-Werkstatt. Es ging ihm gut und seine Heimat zu verlassen kam ihm nicht in den Sinn. Aber nach der letzten Wahl mit dem Sieg der Volksgruppe der Hutus und ihrer Partei wurde das Leben für die Tutsis schwieriger. Immer wieder wurde seine Werkstatt vorübergehend geschlossen. „Es gab dafür keinen wirklichen Grund. Es war Willkür. Aber wenn meine Werkstatt zu war, gingen meine Kunden zur Konkurrenz, einem Hutu“, erzählt Gottfried. Und wer protestierte, musste damit rechnen, verhaftet zu werden – oder Schlimmeres.
Godefroid Ndikumana fürchtete um sein Leben
„Auch ich wurde verhaftet, hatte aber Glück. Ein Polizist ließ mich laufen. Noch in derselben Nacht bin ich ins Nachbarland Tansania geflohen“, erinnert sich Gottfried: „Ich hatte Angst um mein Leben! Ich wollte nur noch weg aus Afrika.“ Sein Ziel: Belgien, wo seine Schwester lebt. Doch wegen Unstimmigkeiten mit seinem Pass endete seine Reise auf dem Frankfurter Flughafen. Statt in Belgien musste er nun in Deutschland seinen Antrag auf Asyl stellen.
Noch einmal schwebte Gottfried in Lebensgefahr. Nach kurzem Aufenthalt im Zentralen Aufnahmelager in Braunschweig kam er mit einem Landsmann, einem Hutu, in eine Flüchtlingsunterkunft in Lamspringe. „Nach der ersten Nacht lag ich drei Tage im Krankenhaus und habe nun eine Narbe auf der Wange. Ich glaube ich habe großes Glück gehabt.“ Gottfried kommt in eine Unterkunft in Algermissen bei Hildesheim. Er nimmt an Deutschkursen bei der Volkshochschule teil, mit Erfolg.
„Wenn man in Deutschland weiterkommen will, muss man die Sprache können“, sagt Gottfried. Dass er erst drei Jahre in Deutschland ist, glaubt man nicht, wenn man ihn sprechen hört.
Auf der Flucht vermisste Ndikumana den Gottesdienst
Während seiner Flucht hat ihm eines immer gefehlt, „der Gottesdienst am Sonntag“. In Griechenland war er bei den Adventisten, in Braunschweig nahm ihn ein evangelischer Priester zum afrikanischen Gottesdienst mit nach Hannover. „Ich war ein bisschen in Sorge, ob das alles so richtig ist, wenn ich nicht in die heilige Messe gehen kann. Aber meine Mutter hat mir am Telefon versichert: Gottfried. Alles ist gut, der liebe Gott schaut in dein Herz!“
Gleich als er ein bisschen Deutsch konnte, besuchte er in Algermissen den Sonntagsgottesdienst. „Den hatte ich so vermisst. Denn ohne Gott kann ich nicht leben. Mein Glaube wurde mir von meinen Eltern mitgegeben und ist mir sehr wichtig. Gott ist ganz tief drinnen in meinem Herzen“, sagt Gottfried. Man merkt, dass das keine leere Floskel ist. Sein Glaube ist ihm wirklich wichtig.
Schon in Burundi hat er sich in seiner Kirchengemeinde engagiert. „Als Kind war ich Ministrant und bei den Scouts, den Pfadfindern, aktiv dabei. Später, als Erwachsener, habe ich in meiner Freizeit ehrenamtlich als Katechet gearbeitet und zusammen mit einer Ordensschwester Religionsunterricht für Kinder im Grundschulalter gegeben. Das war mir eine Herzenssache und hat mir sehr viel Spaß gemacht“, sagt Gottfried und ein Lächeln huscht über sein Gesicht.
Oft denkt er an zu Hause, an seine Familie, seine Werkstatt und das Auto, das er zurücklassen musste. Nein, verbittert ist er nicht. Lächeln ist sein Markenzeichen. „Aber wenn es mal zu hart kommt, wenn die Gedanken an zu Hause übermächtig werden wollen, dann jogge ich durch die Feldmark. Das macht den Kopf wieder frei und ich kann wieder einen klaren Gedanken fassen.“
Für Asylbewerber ist es nicht leicht, Bekanntschaften zu knüpfen. Diese Erfahrung hat auch Gottfried gemacht. „Aber in der Kirchengemeinde in Algermissen hat man mich aufgenommen, so, wie ich bin“, betont er. Inzwischen singt er bei der Gruppe „Matthäus Voices“ mit, die in der St.-Matthäus-Kirche die Familiengottesdienste musikalisch gestaltet.
Ndikumana möchte zwischen Flüchtlingen und der Gemeinde Brücken bauen
Als die Frage an ihn herangetragen wurde, ob er sich vorstellen könne, den Kirchort Algermissen im Pfarrgemeinderat der neuen St.-Cäcilia-Gemeinde zu vertreten: „Da habe ich nicht überlegt, sondern sofort Ja gesagt.“
Gottfried wurde gewählt und hat sich eines vorgenommen. „Ich möchte gern ein Brückenbauer sein, zwischen den Mitgliedern in unsereren Gemeinden und den Flüchtlingen und Fremden. Ich möchte helfen, Vorurteile und Ängste abzubauen, und zeigen, dass wir Asylbewerber keine Kriminellen sind“, sagt er. Seiner Meinung nach sollte der Pfarrgemeinderat auf alle Menschen zugehen, egal welche Hautfarbe oder Kultur sie haben. Denn sie sind alle Kinder des gleichen Gottes. „Wir sind alle eine Familie“, betont der Afrikaner.
Gottfried ist dabei, in Algermissen eine neue Heimat zu finden. „Ich würde gern hier bleiben, mich hier in der Kirche weiter engagieren – und wenn ich eine Stelle finde, in meinem alten Beruf als KFZ-Mechaniker arbeiten“. Leise fügt er noch hinzu: „Ich bin auch bereit, einen anderen Beruf zu erlernen. Aber ich will nicht rumsitzen, sondern aus meinem Leben etwas machen. Ist das zu viel verlangt?“