Auf dem Pilgerweg von Loccum nach Volkenroda

Das ist der Frühling! In den Zweigen der alten Buchen und Eichen zwitschern Buchfinken und ein ganzer Schwarm Meisen, ein Specht klopft, die Kornelkirschen haben ihre gelben Blüten geöffnet, am Bach blüht das Scharbockskraut. Statt nur ein, zwei Stunden durch den Loccumer Klosterwald zu schlendern und dann zurück zur Pforte zu gehen, könnte ich jetzt den neuen Pilgerweg in Angriff nehmen. Dann allerdings lägen noch rund 300 Kilometer und mehrere Tage Wanderung vor mir: Ziel des neuen Wanderweges ist Volkenroda in Thüringen.

Die Strecke ist nicht willkürlich gewählt: Vom früheren Zisterzienserkloster Volkenroda aus wurde 1163 das Kloster Loccum gegründet. Als Abt Ekkehard, begleitet von zwölf Mönchen, vor gut 850 Jahren auf dem Weg Richtung Steinhuder Meer war, hat er zumindest im Zisterzienserkloster Amelungsborn Station gemacht. Das ist überliefert, der Wegeverlauf selbst allerdings in keinem Archiv festgehalten. Wobei aber zu vermuten ist, dass die Wanderer zwischen den Klöstern damals die eher trockenen „Sommerwege“ über die Höhenzüge nutzten und im Winter den Flüssen folgten.

Das Kloster Loccum ist im Bistum Hildesheim hinlänglich bekannt. Und Volkenroda ist spätestens im Zusammenhang mit dem Christuspavillon der EXPO 2000 ins Bewusstsein gerückt. Nach Ende der Weltausstellung nämlich wurde das Wahrzeichen der christlichen Kirchen abgebaut und 2001 an der Stelle in Thüringen neu errichtet. Hier baut eine ökumenische Gemeinschaft, die Jesus-Bruderschaft Gnadenthal, die alte Zisterziensergründung seit 1993 als Besinnungs- und Begegnungsstätte wieder auf.

Benediktinerkloster Busfelde

Markante Stätte entlang des Pilgerweges von Loccum nach Volkenroda: Das ehemalige Benediktinerkloster Bursfelde war Ausgangspunkt einer mönchischen Reformbewegung – und das 100 Jahre vor der Reformation. 

Markante Stätte

Markante Stätte entlang des Pilgerweges von Loccum nach Volkenroda: Das ehemalige Benediktinerkloster Bursfelde war Ausgangspunkt einer mönchischen Reformbewegung – und das 100 Jahre vor der Reformation. 

Markante Stätte

Auch die Kunst verbindet Loccum und Volkenroda: Der aus Stelen geformte Halbkreis im Klostergarten von Loccum wird durch ein Gegenstück in Volkenroda zu einem Kreis geschlossen.

Pilgern ist auch eine besondere Art von Entschleunigung

Wer sich den neuen Pilgerweg vornimmt, sollte andere Maßstäbe ansetzen als bei einer normalen Wanderung. Denn mehr noch als sonst ist der Weg das Ziel.

Pilgern ist auch eine besondere Art von Entschleunigung. Möglichkeiten, mit Leib und Seele zur Ruhe zu kommen, gibt es unterwegs viele. Denn am Weg entlang der Weser, Leine und Unstrut, durch das Weserbergland, den Vogler und Solling und das Eichsfeld gibt es eine Fülle von Kirchen und Klosteranlagen, die den Sinn dieses Weges immer wieder in Erinnerung rufen.

Auf gut ausgeschilderten Strecken, fast immer abseits jeder Belästigung durch Straßenverkehr, führt der Pilgerweg Richtung Volkenroda zunächst durch weite Teile des Bistums Hildesheim. Natürlich sind die Orte alter christlicher Tradition nach der Reformation überwiegend protestantisch geprägt. Aber immer wird auch auf ihren Ursprung hingewiesen. Das bereits 200 Jahre vor Loccum gegründete Kanonissenstift Fischbeck ist eines der ersten großen Ziele, das sich mit seinen weithin sichtbaren Türmen am Weserufer ankündigt. Noch heute pflegen hier Stiftsdamen die klösterliche Lebensweise der Augustinerinnen.

In Hameln lädt das Münster zum Verweilen ein. Vom Turm aus bietet sich dem Wanderer ein hervorragender Blick über die Stadt und das Weserbergland. Hinter Bodenwerder verlässt der Weg für eine längere Strecke den Fluss, berührt ihn erst nach etlichen Kilometern durch die abwechslungsreiche Landschaft des Sollings noch einmal in Bursfelde, um hier das ehemalige Benediktinerkloster mit seiner eindrucksvoll schlichten romanischen Kirche zu streifen. Von hier aus nahm beinahe hundert Jahre vor der Reformation Luthers eine mönchische Reformbewegung ihren Ausgang.

Von Bursfelde aus geht es nun in südöstlicher Richtung weiter. Unterhalb von Göttingen liegen Dransfeld und Mariengarten am Weg. Entlang der Leine geht es weiter über Heiligenstadt und Dingelstädt. Von hier an begleitet die Unstrut den Pilger auf seinem Weg. Natürlich gibt es auch abseits des Hauptweges eine Fülle von Seitenwegen, die zu sakralen Orten führen. Amelungsborn, das Zisterzienserkloster mit seiner mächtigen Kirche aus rotem Sandstein, ist nur ein Beispiel.

Unser Bistum: 
Loccum, Niedersachsen